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Kann man Saatgut überhaupt patentieren?
Am 10. Mai 2022 gewann ein Konsortium aus Carlsberg und Heineken, sowie deren Partner und Tochtergesellschaften, vor dem Europäischen Patentamt (EPA) einen langwierigen Rechtsstreit um drei ursprünglich im Jahr 2016 erteilte Patente. [1] Die ersten beiden Patente waren für aus konventionell gezüchteten Gerstensorten hergestellte Getränke. Das Konsortium hat diese neuen Gersten mit Hilfe einer seitdem als FIND-IT (siehe weiter unten in diesem Artikel) bezeichneten Technik entwickelt, die es ermöglicht, genetische Zufallsvarianten schnell zu identifizieren. Eine der neuen Gersten wurde ausgewählt, da sie geringere Mengen des am Geschmack von gekochtem Mais erinnernden Dimethylsulfid (DMS) produziert. Die andere Sorte enthält weniger Lipoxygenase (LOX). Dieses Enzym produziert Trans-2-Nonenal (T2T), was für den Geschmack von Pappe und nassem Papier in alternden Bieren verantwortlich ist. Das dritte Patent war für ein energiesparendes Brauverfahren mit diesen Gerstensorten.
Wettbewerbsvorteil und Profitmöglichkeit durch patentierte Gerstensorten
Eine weitere große Sorge bereitet die wachsende Bestrebung einiger multinationaler Konzerne, in vielen Lebensmittel Branchen immer breitere rechtliche Kontrollen über das Saatgut und damit die landwirtschaftlichen Rohstoffe an sich zu reißen. Als Paradebeispiele dafür gelten die vier Unternehmen Bayer, DowDupont/Corteve, ChemChinaSyngenta und BASF, die zusammen bereits mehr als 60 Prozent des weltweiten Saatgutmarktes beherrschen. [4] Da Heineken und Carlsberg die zweit- bzw. viertgrößten Brauereien der Welt sind, befürchten einige Gegner der EPA-Entscheidung, dass diese beiden Brauriesen durch ihre Zusammenarbeit auf der Basis ihrer Patente „eine marktbeherrschende Stellung erreichen können, denn gemeinsam können diese Konzerne ihren Lieferanten vorschreiben, dass sie nur noch die patentierten Gersten anbauen dürfen. So können sie gleich zweimal verdienen – am Verkauf des Biers und am Anbau der Gersten!“ [5] Mit anderen Worten, diese Unternehmen wären dann nicht mehr nur Brauereien, sondern auch bedeutende Akteure in ihren eigenen Rohstoffketten.
Gibt es ein Urheberrecht auf einen lebenden Organismus?
Abkehr von der Natur bei der Züchtung von Nutzpflanzen
1. Die Basis dieser Hierarchie bilden die Landrassen. Dabei handelt es sich um Sorten mit nur einem einzigen Gensatz, nämlich ihrem eigenen. Sie sind das Produkt natürlicher Selektion bzw. zufälliger Mutationen, die Pflanzen helfen, sich an eine bestimmte Umgebung anzupassen. Sie können auch das Produkt einen menschlichen Selektion von Individuen sein, die am besten unseren wirtschaftlichen Zwecken dienen. In der Entwicklungsgeschichte der Braugerste sind die tschechische Sorte Haná und die englische Sorte Chevallier klassische Beispiele von erfolgreichen Landrassen.
2. Die von Menschen geschaffenen Hybridisierungen machen die nächste Schicht der Hierarchie aus. Dabei handelt es sich um völlig natürliche Kreuzungen, selbst wenn die Auswahl der genetischen Partner von unseren Wirtschaftsinteressen gesteuert wurde. Typische hybride Braugersten Beispiele sind Weyermann® Isaria 1924®, eine Kreuzung der Landrassen Bavaria und Danubia; sowie Barke®, welche aus mehreren, sukzessiven Hybridisierungen hervorgegangen ist.
3. Seit dem Aufkommen der Genetik im 20. Jahrhundert ist unsere Fähigkeit, Gene als Träger von spezifischen Merkmalen zu identifizieren, dramatisch gestiegen, was uns erlaubt Hybridisierungen viel gezielter und effizienter durchzuführen. Die jüngste Entwicklung zweier krankheits- und klimaresistenter Hopfensorten, Tango und Titan, ist ein passendes Beispiel. Solche Hybridisierungen sind nicht patentierbar.
4. Viel umstrittener sind dagegen die sich rasch verbessernden Technologien zur Gen-Editierung, bei der oft ein bestimmtes Gen, das mit einer (aus menschlicher Sicht) unerwünschten Eigenschaft eines Organismus – wie z.B. die oben erwähnte Produktion von Lipoxygenase – gezielt aus dem Genom entfernt wird… Und genau hier liegt der Kern der Debatte um die Patentierbarkeit.
5. Schließlich gibt es keine Kontroverse über die Patentierbarkeit genetisch veränderter Organismen (GVO), da diese (in einer simplifizierten Definition) nicht von der Natur erzeugt werden könnten. Z.B kann sich ein männlicher Esel auf der Weide mit einem weiblichen Pferd paaren und ein Maultier hervorbringen; jedoch ist eine Kreuzung zwischen einem Pferd und einem Kamel genetisch in der Natur nicht möglich.
Wo sind die Grenzen des Patentrechts?
Save the date
Literatur
[2] “Patents on beer: The brewing companies Carlsberg and Heineken want a market monopoly,” No Patents on Beer.org
[3] Pressemitteilung: Patent on barley and beer upheld,” No Patents on Seeds! 10. Mai, 2022
[4] Marin Scotten, “Laying claim to nature’s work: plant patents grow fear among small growers,” The Guardian, 25. Januar, 2024
[5] “Keine Patente Auf Bier!” Webseite. http://www.no-patents-on-beer.org/de/hintergrund/patente-bier
[6] “Patent on Brewing Barkey: Still no clarity in the granting of bio patents,” Kather Augenstein, Düsseldorf, katheraugenstein.com
[7] “Carlsberg Research Lab invents a new ultra-fast breeding technology to develop the crops of the future,” Carlsberg Breweries A/S Pressemitteilung, 26. August, 2022
[8] Treena Hein, “Conventional Breeding... With a High-Tech Twist,” Seed World, 12. Dezember, 2023
[9] Ibid.
[10] Søren Knudsen + 30 Autoren, “FIND-IT: Accelerated trait development for a green evolution,” Science Advances, 24. August, 2022. Online: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abq2266